Herbstzeit ist Lesezeit, die Abende werden länger und die Lust auf’s Lesen steigt.
So hat der Bücherwurm wieder allerhand zu tun, sich die Seite zu „merken“, auf der ich zu lesen aufgehört habe.
Er ist übrigens ein Mitbringsel aus dem Kloster Marienthal

Gerade ausgelesen habe ich ein Buch, welches mich sehr berührt und beeindruckt hat. Es ist zwar schon vor einigen Jahren erschienen, ich habe aber erst vor einer Weile, eine genehmigte Lizenzausgabe bei einer Augsburger Verlagsgruppe entdeckt.
Sein Titel ist…
„Beerensommer“ Familiensaga aus dem Schwarzwald
geschrieben von Inge Barth-Grözinger
erschienen im Thienemann Verlag
ISBN 978-3-86800-382-6
Ab 13 Jahren
Um es vorweg zu nehmen, es ist keine der üblichen Familiengeschichten nach „Gutsherrenart“, über reiche Reedersfamilien oder ähnliches. Trotzdem oder gerade deswegen, mehr als lesenswert!
Im „Klappentext“ steht geschrieben…
Die Geschichte einer wunderbaren Freundschaft, die zur Geschichte einer erbitterten Feindschaft wird.
Anfang des 20. Jahrhunderts, wir schreiben das Jahr 1917: Als Friedrichs Vater stirbt, ändert sich für seine Familie alles. Hat er bisher in einem prächtigen Haus in der Herrengasse gewohnt, muss er nun in die Stadtmühle ziehen, zu den Ärmsten der Armen, die nicht einmal Schuhe für ihre Kinder haben. Johannes, ein Junge in seinem Alter, wohnt dort schon seit seiner Geburt. Zwischen den zwei sehr unterschiedlichen Jungen entwickelt sich eine enge Freundschaft, die schon bald in erbitterte Feindschaft umschlägt- und sie trotzdem ihr Leben lang nicht loslassen wird.
Beerensommer- ein packender Roman, der den Leser tief in die Geschichte des 20. Jahrhunderts hineinzieht.
Zum Inhalt:
Nach dem Tod ihrer krebskranken Mutter, für die sie die Schule geschmissen hat und bis zum Tod begleitet, fühlt sich Anna Helmbrecht verloren und allein. Ihr Vater lebt in Australien und schreibt nette Briefe, zu ihm gehen, möchte sie aber nicht.
So bleiben ihr nur einige Fotoalben und die Menschen und Gesichter darin, die sie nicht kennt. Keinen Einzigen…
Ihre Mutter Marie hatte über ihre Kindheit, Jugend und über den Ort, an dem sie aufgewachsen ist, immer geschwiegen und fast nichts erzählt. Und sich stets geweigert, dorthin zu fahren. Obwohl sie Großvater Johannes immer wieder eingeladen hatte.
So macht sich Anna auf, in ein kleines Schwarzwald-Dorf namens Grunbach, zur alten Gretl, die wie Friedrich und Johannes, im Armenhaus des Ortes, der Stadtmühle, aufgewachsen ist. Um die Tagebücher ihres Urgroßvaters Johannes zu lesen und aus ihnen und von Gretl zu erfahren, wer ihre Familie ist und zu wem sie gehört.
Von der alten Gretl freundlich und liebevoll aufgenommen, beginnt sie zu lesen. Von Johannes und Friedrich und den anderen aus der Stadtmühle. Von bitterer Armut und von Menschen, die sich trotzdem ihren Stolz und ihre Menschlichkeit bewahren. Ebenso, wie die Hoffnung und ihre Träume von einem kleinen oder großem Glück.
Vom Grauen des ersten Weltkrieges, der ersten Liebe, Hochzeit, Familie, Söhnen und Töchtern und die Gefühle für sie.
Vom Beginn der Nazi-Herrschaft und Schrecken des 2. Weltkrieges, der auch um kleine Orte im Schwarzwald keinen Bogen gemacht hat. Die Nachkriegszeit, bis in die Sechziger Jahre.
Von Friedrich und Johannes, ihrem Urgroßvater, die völlig verschiedene Wege gehen und deren Wege sich trotzdem immer wieder kreuzen.
Zeilen, die immer wieder aufzeigen, dass es im Leben nicht nur schwarz und weiß gibt, sondern auch grau und viele Zwischentöne. Und Anna auch die eine oder andere Überraschung erleben lassen, was ihre Vorfahren betrifft.
Dann immer wieder der Bogen in die heutige Zeit, in der ihre noch dort lebenden Anverwandten zeigen, wo und wie ihre Vorfahren gelebt haben.
Orte, die in Johannes Büchern beschrieben sind. Und Annas Fragen dazu beantworten, so gut sie es vermögen.
Und so langsam begreift Anna die Geschichte ihrer Familie und beginnt zu fühlen, zu wem und wohin sie gehört.
Neben all den tragischen Dingen, ist auch noch Platz für eine, vielleicht neue Liebe. Denn ein Ende, ist immer auch ein neuer Anfang.
Oder wie ihr Urgroßvater Johannes mit glücklichem Blick zu Gretl gesagt hatte, als er die kleine Anna zum ersten Mal in den Armen hielt: “ Meine kleine Anna…Es geht also weiter, Gretl, es gibt wieder eine Anna.“
Fazit: Ein sehr einfühlsam geschriebenes Buch, bei dem die zum Teil düstere Geschichte des 20. Jahrhunderts, mit den im Buch beschriebenen Menschen und deren Suche nach dem großen oder kleinem Glück, lebendig wird. Es fällt schwer, das Buch wieder aus der Hand zu legen. Man bangt mit den Menschen, möchte wie Anna wissen, wie es mit Johannes und Friedrich weitergeht. Und ein wenig werden die Geschichten ihrer Familie, zu der eigenen Geschichte!
Auch, weil man von Eltern und Großeltern, was die geschichtlichen Ereignisse betrifft, ähnliches gehört hat.
Von vielen Ereignissen und Verhältnissen damals, lassen sich oft Parallelen in die Neuzeit ziehen.
Unbedingt lesen und sehr zu empfehlen! Und wie schon geschrieben, ab 13 Jahren und auch für Jugendliche geeignet!
So ganz „nebenbei“, wird auch noch viel geschichtliches Wissen vermittelt!
Auch für die Menschen, die meinen, die Rechten würde ihnen „Heil“ bringen… solche Leute bringen nur Unheil. Und wie sagt auch Johannes in dem Buch… „Wer mit dem Teufel essen will, braucht einen langen Löffel.“
So einen langen Löffel hat niemand!
Und ich habe daraus die gleichen Schlüsse gezogen wie Anna. Wir leben im Hier und Jetzt, aber die Menschen und deren Geschichten sollten wir nie vergessen!
Unser Schlusswort, soll das Vorwort der Schriftstellerin sein. Es stammt aus Johannes Lieblingsbuch, dem „Taugenichts“ von Joseph von Eichendorff…
„Wir müssen, dachte ich, doch am Ende aus dem Walde und der Nacht herauskommen.“
Die Schriftstellerin Inge Barth-Grözinger, wurde 1950 in Bad Wildbad im Schwarzwald geboren. Seit 25 Jahren unterrichtet sie am Peutinger-Gymnasium in Ellwangen Deutsch und Geschichte.

Posted by regenbogenlichter
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